Anorexie / Bulimie / Binge-Eating-Disorder

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sdAllgemeine Informationen

  • Zentrales Symptom dieser Störungsgruppe, die sich in die Anorexie (Anorexia nervosa), die Bulimie (Bulimia nervosa) sowie die Binge-Eating-Disorder aufteilt (s. u.), stellen krankhafte Veränderungen des Essverhaltens sowie eine übermäßige Beschäftigung mit dem eigenen Körperbild, der Ernährung und dem Gewicht dar.
  • Ebenso charakteristisch sind Selbstwertprobleme in Form von Insuffizienz- oder Schamgefühlen sowie psychosoziale Probleme, Depressionen oder ein stark ausgeprägtes Leistungsmotiv (Fairburn, Cooper & Shafran, 2003).
  • Betroffene erleben eine starke Angst vor einer Gewichtszunahme und nehmen sich selbst in verzerrter Form als zu dick wahr.
  • Anorexie ("Magersucht"): Gewichtsverlust oder (bei Kindern/Jugendlichen) fehlende Gewichtszunahme, das Körpergewicht liegt mindestens 15% unter dem normalen Gewicht, in vielen Fällen deutlich darunter. Der Gewichtsverlust ist selbst herbeigeführt durch Nahrungsrestriktion bzw. Vermeidung von „fettmachenden“ Speisen sowie in manchen Fällen mit aktiven Maßnahmen der Gewichtsabnahme (z. B. Erbrechen, Laxantienmissbrauch). Bei Frauen zeigt sich als körperliche Folge eine Ammenorrhoe (Ausbleiben der Menstruation), bei Männern ein Interessenverlust an Sexualität und Potenzverlust. Dauerhafte Mangelernährung und Untergewicht führen meist zu körperlichen Schäden, in extremen Fällen der Anorexie können diese Auswirkungen zu bleibenden Schäden bis hin zum Tode führen.
  • Bulimie ("Ess-Brech-Sucht"): Häufige Episoden von Essattacken, bei denen eine große Menge an Nahrung in sehr kurzer Zeit konsumiert wird. Aktives Gegensteuern gegen die Gewichtszunahme durch selbst induziertes Erbrechen, Laxantienmissbrauch, Gebrauch von Appetitzüglern, Schilddrüsenpräparaten oder Diuretika. Das wiederholte Erbrechen führt häufig zu unterschiedlichen körperlichen Komplikationen. Bezüglich der psychischen Komponenten der Störung gibt es Ähnlichkeiten zur Magersucht, in einigen Fällen folgt bulimisches Verhalten auf eine vorangegangene Anorexie (Jacobi, Paul & Thiel, 2004).
  • Binge-Eating-Disorder: Wiederholte Essanfälle, bei denen unkontrolliert in kürzerer Zeit eine hohe Anzahl an Kalorien aufgenommen wird, was meist zu einem (starken) Übergewicht führt. Im Gegensatz zur Bulimie kommt es bei diesem Störungsbild nicht zum Erbrechen im Anschluss an die Essattacken. Das anfallsartige Essverhalten stellt in vielen Fällen einen Ausgleich zu einer fehlenden Bedürfnisbefriedigung dar, ein adäquater Umgang mit dem eigenen emotionalen Erleben findet zumeist nicht statt. Bislang ist die Binge-Eating-Disorder nicht als eigenes Störungsbild ins Klassifikationswerk ICD aufgenommen worden.



sdAuftretenshäufigkeiten

  • Das Lebenszeitrisiko, eine Essstörung auszuentwickeln, liegt bei ca. 3-5%. Frauen sind deutlich häufiger betroffen als Männer, wobei die Störung bei Jugendlichen oder jungen Erwachsenen am häufigsten vorzufinden ist. Hier zeigen etwa 20% der Jugendlichen in Deutschland (11-17 Jahre) zumindest Symptome einer Essstörung (z. B. Hölling & Schlack, 2007).
  • Bei der Anorexie beträgt das Lebenszeitrisiko bei Frauen ca. 1-2%, bei Männern etwa 0,1-0,2%.
  • Bei der Bulimie beträgt das Lebenszeitrisiko bei Frauen ca. 1,3-1,7%, bei Männern etwa 0,1-0,5%.
  • Bezüglich der Binge-Eating-Disorder schwanken die Schätzungen aufgrund der geringeren Studienlage deutlicher. Diese gehen von einem geringeren geschlechtsspezifischen Unterschied aus: Frauen weisen ein Lebenszeitrisiko von 2-3%, Männer von 0,8-2% auf.



sdTherapiebausteine

  • Eine Vielzahl von Studien konnte nachweisen, dass die unterschiedlichen Formen einer Essstörung mit einer Verhaltenstherapie gut behandelbar sind.
  • Ob eine Behandlung in einem ambulanten Setting möglich ist, hängt zentral von der Stärke der Ausprägung der Essstörung ab. Insbesondere bei anorektischen Patienten, die ein starkes Untergewicht aufweisen, empfiehlt sich eine stationäre Therapie, da eine erforderliche Gewichtszunahme hier besser überwacht und ein notwendiges kontinuierliches Hilfsangebot zur Verfügung gestellt werden kann.
  • Zudem spielt das Alter der Patienten bei der Therapiegestaltung eine Rolle. Bei Jugendlichen und jungen Erwachsenen empfiehlt sich zumeist ein Einbezug der Eltern oder des weiteren sozialen Umfelds der Betroffenen.
  • Zu Beginn erfolgt die Anamnese des Krankheitsverlaufs, eine detaillierte Exploration der Symptomatik und die Identifikation möglicher auslösender und aufrechterhaltender Faktoren. Hieraus abgeleitet wird ein individuelles Störungsmodell erarbeitet und störungsspezifisches Wissen vermittelt.
  • Zentrale Aufgabe in der Frühphase der Therapie ist der Aufbau einer Motivation zur Gewichtszunahme sowie eine genauere Betrachtung des aktuellen Essverhaltens, etwa über Eränhrungsprotokolle. Gesundes Essverhalten wird versucht aufzubauen, um im Idealfall ein Normalgewicht zu erreichen.
  • Hinterfragen der Einstellung zum eigenen Gewicht respektive Essverhalten, hierbei Einsatz kognitiver Techniken, wie beispielsweise Kognitive Umstrukturierung/Sokratischer Dialog.
  • Aufbau eines stabilen Selbstwerts respektive erlernen, dieses Grundbedürfnis unabhängig vom Essverhalten zu erfüllen.
  • Im weiteren, meist späteren Verlauf der Therapie ist eine konfrontative Auseinandersetzung mit dem eigenen Körper (etwa über Spiegelübungen o. Ä.) indiziert.


Anmerkung: Bei den Darstellungen der Störungsbilder handelt es sich um Kurzbeschreibungen, die lediglich einen ersten Eindruck vermitteln sollen und der Komplexität der jeweiligen psychischen Störung sicherlich nicht ganz gerecht werden kann. Bei weiterem Interesse verweisen wir daher auf detailliertere Ausführungen, bspw. auf der Seite des "Aktionsbündnis Seelische Gesundheit". Genaue Diagnosekriterien in Form der ICD-10 finden Sie hier. Zudem möchten wir nachdrücklich die Empfehlung aussprechen, bei einer Identifikation mit der beschriebenen Symptomatik möglichst zeitnah einen Arzt oder Psychologischen Psychotherapeuten aufzusuchen, der eine Diagnose stellen, Sie beraten und Ihnen eine passende Behandlung zukommen lassen kann. Sollten Sie weitere Fragen haben, nutzen Sie gerne unser Kontaktformular.